Immer wieder sonntags…

Heute ist wieder einer dieser Sonntage, an dem die Zeit dahin zu schleichen scheint, wohingegen die Gedanken in einer Schnelligkeit rasen, die kaum auszuhalten ist. Gedanken, die sich immer tiefer in ihrer Spirale eindrehen und den bitteren Geschmack der Einsamkeit übrig lassen. So falsch diese Gedanken auch sein mögen, so real fühlen sie sich an. Es fühlt sich so an, als würde ich irgendwie nirgends dazugehören. Als Anfang Dreißigjährige ohne Kinder, ohne Partner, ohne wirklichen Erfolg mit ihren Träumen fühle ich mich gerade unsichtbar. Unsichtbar, weil mir in diesem Moment niemand einfällt, der wirklich weiß, wie ich mich fühle oder es auch nur ansatzweise versuchen würde, mich zu verstehen. Unsichtbar in einem Umfeld, das solche Gefühle nicht kennt oder zugeben würde. 

So dreht sich die Gedankenspirale immer tiefer, wie ein Stachel, der mir auf die Haut drückt, sodass es jeden Moment so weit sein kann, dass diese nachgibt und sich der Stachel so tief hineinbohrt, wie er noch nie vorher war. Er hinterlässt vielleicht nur einen kleinen Stich, doch dieser kann für lange Zeit schmerzen. Diese Schmerzen sind es, die ich nicht so schnell vergessen kann. Aus meinem Fenster blickend, schaue ich auf die Menschen unten auf der Straße und frage mich, was sie wohl umtreibt. Kennen sie dieses Gefühl, diese Sonntage? Es sind bei mir immer Sonntage, an denen mich diese Gefühle am schlimmsten überkommen. Es ist vielleicht die Ruhe von außen, die meine Gedanken lauter klingen lässt. Ihr Schall dringt dann eher zu meinen Ohren vor, um meinen Blick von all dem Guten abzubringen. Ähnlich, wie eine Sirene, die mich von meinem Kurs abbringen möchte, um mich ins Verderben zu treiben. 

Das Gefühl nirgends reinzupassen, ist heute am Stärksten. Ich gehöre zu niemandem und niemand zu mir. Ich fühle mich, wie das Runde, das in das Eckige passen soll, doch es passt einfach nicht. Wie ich mich drehe und wende, ich stoße überall an und wende mich traurig ab. Dass es irgendwo das passende Runde zu mir gibt, scheint an diesen Tagen immer weit entfernt und unmöglich. So drehen die Gedanken weiter und weiter. Immer tiefer in Gefühlsebenen, die mir sonst verborgen bleiben. Es ist, als hätte ich die Büchse der Pandora geöffnet und könnte sie gerade nicht mehr selbst schließen. 

Diese Woche habe ich alte Texte wiedergefunden, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe. Sie waren teilweise bedrückend und beschreiben eine ähnliche Dunkelheit, die sich gerade nicht nur vor meinem Fenster am Himmel ausbreitet, sondern auch in mir. Es ist wie eine Art Nebel, von dem ich dachte, hinter mir gelassen zu haben. Manchmal fühlt er sich, wie eine Giftwolke an, von der ich nur einen Atemzug nehmen muss und sogleich wieder in alten Denkmustern gefangen bin. Diese Texte erzählen von unerfüllter Liebe und fehlendem Selbstwert. Dinge, die ich dachte, hinter mir gelassen zu haben. Doch anscheinend hat mich die Giftwolke wieder eingehüllt und lässt mich genau dieses wieder durchleben. Was hat sich aber geändert? Geändert hat sich wohl, dass ich diese Energie  nun dafür nutze, meine Gefühle zu Papier zu bringen, anstatt sie immer weiter in mich hineinzufressen. Geändert hat sich, dass ich – wenn es heute auch etwas versteckt zu sein scheint – weiß, wie schön das Leben sein kann und wie stark das Gefühl der Dankbarkeit ist. Dankbarkeit für die kleinen Dinge, wie den Regen, der gerade einsetzt und mit jedem Tropfen meine Giftwolke an Negativität wegschwemmt. Tropfen für Tropfen merke ich, wie sich eine Erleichterung breitmacht und ich denke daran, wie viele andere sich wohl auch gerade alleine fühlen. Das Gefühl ist ja nicht nur für Singles vorbehalten, sondern auch viele andere kennen dies. Vielleicht ist nur der Unterschied, dass ich mich dem Gefühl hingeben kann und es nicht verdrängen muss, weil jemand anderes meine Aufmerksamkeit einfordert. Aufmerksamkeit, die ich bewusst auf etwas anderes lenken muss, um nicht in dem Gefühlsmeer unterzugehen. Ein Meer, dessen Wellengang sich für heute zwar wieder beruhigt hat, von dessen Unberechenbarkeit ich aber ganz genau weiß. Denn Immer wieder sonntags kommt die Erinnerung….